Nachhaltigkeit 2024


April - August 2024


Jubiläum: Den Bunkergarten Oldenburg gibt es nun schon zehn Jahre

Autorin: Sabine Bourjau

 

Im Jahre 2013 hat es begonnen: neben vielen anderen nachhaltigen Bewegungen, die von der UNI Oldenburg ausgingen, gab es die Transition Town Initiative um Nico Paech. Hier entstand auch die Idee des Urban Gardening direkt neben dem Wilhelm 13 in Oldenburg. Eine kleine Netzwerkgruppe bildete sich aus NaBu, Slow Food, Wurzelwerk und Transition Town. Der Ort überzeugte durch seine zentrale und ruhige Lage. Und eine gute Wasserversorgung, z.B. mit Regenwasser vom Dach des „Wilhelm 13“. 

Über Slow Food war ein Vertragspartner mit der Stadt Oldenburg gefunden. Im Jahr 2014 legten wir der Stadt Oldenburg ein Konzept mit unseren Ideen vor. Daraufhin wurde der einjährige mobile Gestattungsvertrag – es durften zunächst nur Pflanzkübel aufgestellt werden für den Rückbau am Jahresende - in einen fünfjährigen  Gestattungsvertrag mit Einpflanzungen umgewandelt. Ein erster Meilenstein. 

Mit den Jahren entstand eine wunderbare Kooperation mit dem Kulturveranstalter Wilhelm 13 sowie zur jüdischen Gemeinde. Am Wilhelm 13 wurden Tomatenpflanzen und Wein angebaut. Gerade bei den Tomaten und beim Grünkohl wurde mit alten Sorten experimentiert. Den erhielten wir netterweise vom Versuchsgelände der Uni Oldenburg. Überhaupt ist nahezu ALLES, Pflänzchen, Saatgut und vor allem Werkzeug aus Altbeständen gesammelt, gespendet, aus Weggeworfenem aufgelesen und nun weiterverwendet, denn Nachhaltigkeit steht ganz oben auf Bunkergarten-Agenda. Wobei das Saatgut von eigenen Gärten stammt oder hin und wieder von befreundeten Kleinbetrieben erworben wurde, z.B. dem „Wurzelwerk“ und ähnlichen Initiativen, mit denen sich eine gute Kooperation ergeben hat. Hier ist natürlich der NABU zu erwähnen, die Studenteninitiative oder die Donner-Nesseln. 

Nichts kommt aus dem Baumarkt! Auch nicht die erstellten Hochbeete, die selbst gezimmert wurden und von denen zwei als „Bürgerbeete“ an der Bauwerk-Halle ihren Platz gefunden haben. Backsteine für eine Kräuterspirale fielen uns bezeichnenderweise beim Neubau der Steinstraße „in die Hände“, ein ausgedienter Rasenmäher fand seine Bestimmung, die Stadt erstellte einen ansprechenden, offenen Schuppen aus Beständen des alten PFL, der ehedem als Ruheraum für TBC-Kranke gedient haben mag, und versorgt mit Strom.

So ist nach und nach aus einem brachliegenden, etwas verwilderten Wiesen-Grundstück,  auf dem sich lediglich Ackerschachtelhalm und hartnäckige Disteln wohlfühlten, ein kleines Paradies geworden (sogar mit Apfelbaum!). Und manch noch geschwächter Krankenhauspatient entfleucht zwecks Erholung kurz aus dem nahegelegenen „Evangelischen“, manch gestresste Innenstadtbesucherin oder Nachtschwärmer findet zu kurzem Durchschnaufen ein Plätzchen auf der mobilen Palettenbank.

Der steinig-schottrige Untergrund hat dazu veranlasst, etliche Hochbeete anzulegen, die mit dem anfallenden Kompost angereichert werden. Darin gedeihen jetzt Kichererbsen, Bohnen, Kürbis, Kartoffeln, Karotten, Kohl, Zucchini, Pastinaken, diverse Salatsorten, bereichert durch essbare oder einfach nur schöne Blüten, Kräuter und teils vergessene Gräser oder Wildpflanzen. Auch verschiedene Beerensträucher wurden angesiedelt, ein Blühstreifen und eine Benjeshecke angelegt, das Wissen um verschiedene Gartenbaumethoden wie Permakultur und Kompostierung ausgetauscht und z. T. in Workshops weitergegeben. Der Kontakt mit anderen Initiativen ist erwünscht und gegeben, seit April 2020 vor allem zum Ernährungsrat Oldenburg, dem der „Bunkergarten“ versicherungstechnisch angegliedert ist, da wir keinen Verein bilden, sondern eine freie Gemeinschaft bleiben wollen.

Trotzdem hat man sich auf einige Statuten geeinigt, die den Garten als einen Ort der Begegnung auszeichnen, an dem vielfältiges Wissen zu Themen wie Garten, Selbstversorgung oder Vorratshaltung weitergegeben wird. Der Bunkergarten symbolisiert sozusagen einen Nährboden für Vielfalt, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft, was in einem Handreichungstext zusammengefasst und im Einzelnen gern nachzulesen ist.

Die Gruppe ist ansonsten mit Hilfe eines E-Mail-Verteilers, eines Blogs und wöchentlichen Treffen hierarchie-arm organisiert. An regelmäßigen Donnerstagen besprechen wir Anstehendes, Pläne und Vorgehensweisen, entwickeln Ideen und pflegen unsere Gemeinschaft. Der Garten bietet ein Experimentier- und Lernumfeld. Es geht darum, miteinander und voneinander zu lernen. Wir verstehen unser Gärtnern als Beitrag zur Umweltbildung und Gartenkultur.

Dazu gehören außerdem je nach Lust und Laune auch kleine Ausflüge mit Besuch in anderen Initiativen wie der Gemüsewerft Bremen, Heilkräuterschulen oder Biohöfen der Umgebung, einem gemeinsamen Pilzesammeln, Sonnwendfeier, Lagerfeuer oder dem Erntedankfest mit großem Gemüse-Eintopf aus hauseigener Ernte. Dann gab es den Markt der Möglichkeiten, Schnibbeldisco,  Saatguttauschbörse, Radtouren etc.. In einer eigens gezimmerten Saatgutbox findet der Besucher Informationen, kann Überschüssiges entnehmen oder Selbstgesammeltes deponieren. 

 

Wir sind offen für Interessierte und Neuzugänge!

 

Weitere Infos und Kontakt: www.bunkergarten-oldenburg.blogspot.com - bunkergarten@lists.posteo.de 

 

Gartentreff: donnerstags ab 17 Uhr, im Winter früher: Leo-Treppstraße/ neben Wilhelm 13

Fotos: Manfred Kowalewski, Sabine Bourjau