von Claus Eurich
Hinter nahezu jedem Gedanken lauert der Widerspruch. Keine These kann sich halten ohne Antithese. Das ist das Fundament dialektischer Prozesse, ja von Entwicklung. Das Positive des Aber als Erkenntnisprinzip gilt es also nicht in Frage zu stellen. Es ist ein wahrhaftiger, geradezu evolutionärer Grundsatz. Auch das Aber in der Politik und in gesellschaftlichen Fragen und Prozessen hat seinen berechtigten Platz. Im günstigen Falle dient es der Verfeinerung und Vertiefung von Argumenten, die schließlich zur Entscheidungsgrundlage führen. Im negativen Falle allerdings gereicht es nur noch zu Entscheidungsfindungen, die als sogenannte Kompromisse in verwässerter Mittelmäßigkeit enden. Das nennt man dann einen demokratischen Prozess, der im Ergebnis möglichst niemandem wehtut,
drängende Probleme und deren mutige Bewältigung jedoch in die Zukunft und die dann davon Betroffenen verlagert.
Und dann wäre da noch der ewig widerständige und nörgelnde Aber-Geist, in dem sich Formulierung oder Haltung des Aber gleichsam als Charakterzug und blockierende Energie hinsichtlich allem zu erkennen geben, was den Namen „Veränderung“ trägt. Solches Aber wirkt in gesellschaftlichen und kulturellen Krisensituationen als destruktives, ja lähmendes Gift. Es entzieht einer unmissverständlichen Handlungsorientierung das gefestigte Fundament, von dem jeder Aufbruch aus sich erheben und bewegen will.